FDF DachNews - Ausgabe 3/2020

4 Den Auftrag bekommt der, der besser verkauft Vertrieb im Handwerk ist so eine Sache. Anla- gemechaniker, Heizungstechniker, Dachde- cker, Fliesenleger und Co. gehören zu den Machern – Menschen, die zupacken. Akquise und Verkauf betrachten sie selten als ihre Ste- ckenpferde. Das ist der Grund, warum viele Firmen auf die Zahlen gucken müssen. Nicht Fachkompetenz bringt Betriebe nach vorne. Den Auftrag bekommt der, der besser verkauft – nicht, wer am Ende besser liefert. Top-Produkte oder 1A-Dienstleistung bringen keinen Cent, wenn Klienten nicht vorher schon von der Leistung überzeugt sind. Im Klartext: Von Aushilfe über Azubi, von Sekretariat zu Geselle, Meister, Chef und Innendienst – alle im Team haben zu jeder Zeit denAuftrag, Kun- den bei jedem Touchpoint zu begeistern. Das beginnt bei der Website, beim Flyer, Telefon- kontakt und geht über die Beratung bis zu Angebot und Abwicklung. Vertrieb ist die Zugmaschine, um demWettbe- werb abzuhängen. Er spült das Geld in die Kas- sen – wenn er professionell aufgestellt ist. Ohne ihn dümpeln Läden vor sich hin. Und die Mannschaft muss doppelt so viel paddeln. Wer den Vertrieb als Motor einsetzt, spürt dessen Schubkraft. Menschen kaufen keine Produkte. Sie investieren in Emotionen und Erlebnisse. Wofür braucht es Rohre, Wärmespeicher, Zementestrich oder eine neue Pumpe? All das interessiert den Bauherren wenig, noch kann er die Fachbegriffe richtig bewerten. Was Kunden wollen, sind idyllische Bademomente, warme Duschen oder ein kühles Schlafzimmer im Dachgeschoss. Aufgabe des Vertriebs ist, diese mentalen Bilder zu zeichnen, Visionen zu kre- ieren. Stimmt das Gefühl, gibt der Kunde gerne das Go. Selbstbewusstsein sells Verkauf lebt von einem selbstbe- wussten Auftritt. Kunden wollen den besten Mann. Also sollten Betriebe zei- gen, dass sie in der Champions League spie- len. Der Suchende muss sicher sein: „Die sind die Richtigen für mich!“ Bei Unsicherheit ent- scheiden Menschen immer über den Preis. Und es kommt seltener zum Auftrag. Selbst- bewusstsein ist der Schlüssel zum Erfolg. Es erhöht die Wahrscheinlichkeit zumAbschluss und der Handwerker kann höhere Zahlen ansetzen. Je überzeugter der Dachdecker auf- tritt, desto eher ist der Bauherr bereit, mit ihm zusammenzuarbeiten. Inszenierung gewinnt. Wer sich als Experte und regionaler Marktführer positioniert, gibt die Regeln vor. „Warum bewerben Sie sich, bei uns Kunde zu werden?“ So ein Standing verblüfft. Die Entschlossenheit schreckt nicht etwa ab, sondern fasziniert. Der Kunde spei- chert den Handwerker in einer höheren Liga ab. Wer mit einem Profi arbeiten will, dem ist auch egal, wenn er teurer ist. Selbstbewusst- sein kann man trainieren – wie einen Muskel. Souveräne Sichtbarkeit Selbstbewusstsein transportiert sich nicht nur über energetische Gesprä- che. Die gesamte Außendarstellung spielt mit. Wie sieht das Dienstfahrzeug aus: sauber, ver- beult? Die Kleidung: einheitlich, funktional? Der Werkzeugkasten: aufgeräumt, vollstän- dig? Welchen Eindruck macht die Visitenkarte? Das Schaufenster? Social- Media-Profile? Auch wenn viele es lästig finden: Ohne Facebook und Co. geht nichts mehr. Bei 20 Millionen Nutzer wäre jeder Betrieb dumm, wenn er sich diese Kontaktstellen entgehen ließe. Fachkräfte sollten sich dort bei der Arbeit zeigen: ein Fliesen- leger mit neu verlegten Boden, ein Dachdecker in luftiger Höhe und ein Sanitärprofi mit Vorher- Nachher-Duschen. Jeden Tag ein Foto und die Glaubwürdigkeit wächst. Brauchen User einen Profi, wird auf einen Facebook-Blick klar, wer es draufhat. Nur wer seine Arbeit sichtbar macht, wird auch gesehen. Ein positiver Eindruck an jeder Kon- taktstelle, nimmt Kunden die Unsicherheit. Ein Installateur im Jogginganzug, ein verwaistes Profil, ein Blümchenlogo als IT-Profi? Das lenkt Kunden ab. Job des Betriebs ist es, stim- mig aufzutreten, Expertise zu zeigen und alles aufzulösen, was den Kunden verwirrt. Exzellente Kundenorientierung So mancher Handwerker überfor- dert Auftraggeber mit schwierigen Entscheidungen: „Herr Schuster, wo sollen die Netzwerkdosen hin?“ Keine Ahnung!? Profis dürfen nicht davon ausgehen, dass Laien so etwas kompetent beantworten und Baupläne lesen können. Kunden braucht Führung. Wer es dem Klienten leichter machen will, geht mit ihm über die Baustelle und stellt kluge Fragen: „In welchen Zimmern werden Sie arbeiten? Haben Sie viele Computer? Desktop-PCs oder Laptops? …“ Die Qualität der Fragen bestimmt die Qualität der Antworten. Wer fragt, der lenkt. Auch im Erstgespräch lautet der beste Start nicht: „Was kann ich für Sie tun?“, sondern „Was kann ich heute für Sie möglich machen?“. Vertriebspro- fis gehen mit dem Wissen ins Gespräch, dass sie den Interessenten begeistern. Das strahlt Sicherheit aus und der Gegenüber spürt echtes Interesse. Menschen folgen, wenn Anbieter Führungsqualität ausstrahlen. Service und Auftritt Auch nach der Unterschrift hört der Vertriebsgedanke nicht auf. Folge- aufträge oder Weiterempfehlungen gibt es nur, wenn der Kunde bei jedem Kontakt mit dem Unternehmen applaudiert. Sowohl auf der Baustelle, beim täglichen Ein-und-Ausbau, bei der Wartung bis zum Umgang mit Rekla- mationen. Ein vertriebsorientierter Techniker, Mechaniker oder Installateur will dem Kunden ein persönliches Gefühl vermitteln. Er löst sich vom Gedanken, „nur“ ein Handwerker zu sein, People, Process und Presentation – das 3P-System Um Handwerksbetriebe in Vertriebsselbstläufer zu transformieren, gibt es eine klare Systematik: die 3P-Methode. Folgende drei Stellschrauben machen den Weg zur maximalen Performance frei: People, Process und Presentation. People: Ein Betrieb braucht qualifizierte Mit- arbeiter mit der passenden Einstellung, die an sinn- vollen Schaltstellen sitzen. Menschen, die leistungsfähig, selbstständig und lösungsorientiert unterwegs sind. Diese Qualitäten kann jeder lernen. Job des Chefs ist es, der Mannschaft dabei zu helfen. Das dafür nötige Selbstvertrauen wächst durch gezielte Überforderung. Menschen mit Selbstvertrauen lassen sich bei Rückschlägen nicht so leicht aus der Bahn werfen. Sie entscheiden und Richtig inszeniert verkaufen Besser verhandeln: Weniger Angebote schreiben, mehr verdienen MANAGEMENT Nach wie vor schreiben Handwerker zu viele Angebote, investieren teilweise am Wochenende Zeit, um Dinge zu tun, die keiner bezahlt. Die Arbeit wird mehr und mehr, doch die Gewinne steigen nicht im gleichen Maße. Unser Gast- autor Philip Semmelroth ist IT-Unternehmer und Vertriebsprofi. Er verrät Tricks, wie Sie da raus kommen. Sein Credo: Durch besseres Marketing für die gleiche Arbeitszeit höhere Preise abrechnen. begeistern Kunden schneller und tüten mehr Abschlüsse ein. Process: Smarte Mitarbeiter nützen nichts, wenn die Prozesse nicht stimmen. Gibt es kein einheitliches System, wie ein Kunde betreut oder ein Angebot geschrieben wird, überlegt jeder Einzelne aufs Neue. Routinen schaffen Sicherheit und maximale Wirtschaftlichkeit. Das Business wird flinker und wettbewerbsfä- higer. Gleichzeitig lässt sich ein fester Ablauf- plan überprüfen und nachjustieren. Im Kun- dengespräch signalisieren intelligente Prozesse Struktur, Organisation und Zuverlässigkeit – oftmals große Schmerzpunkte in Handwerks- betrieben. Presentation umfasst Marketing und Vertrieb. Laien werfen beides oft in einen Topf. Doch Marketing will Bedarf wecken, Verkauf soll Bedarf profitabel bedienen. Beim Marketing dreht sich alles um Sichtbarkeit, Reichweite und Bekanntheit. Der Vertrieb fokussiert sich ganz konkret auf Abschlüsse, Verträge und Einzeldeals. Was beide vereint: komplexe, erklärungsbedürftige Sachverhalte verständlich zu präsentieren, Verbindlichkeit zu erzeugen und sich im Wettbewerb durchzusetzen. Zum Abschluss noch ein Tipp zum Thema Preis: Wer eine Zahl unter sein Angebot setzt, darf nicht verhandeln. Gute Lösungen haben ihren Wert. Profis bleiben beim Preis stabil. Kunden, die hier drücken wollen, sind meis- tens die, die am Ende mehr abrufen. Außer- dem schwächen Rabatte das Ansehen („Aha, es geht auch billiger“), signalisieren Bedürf- tigkeit („Die haben es wohl nötig!“) und wecken falsche Erwartungen („Ich will das jetzt immer so günstig“). Wer dem Kunden etwas Gutes tun will, bietet Zusatzservice an: Samples, Gutscheine oder Geld-Zurück-Garantien. Das erhöht das Ver- trauen und die Bindung wächst. Droht ein Betrieb ausgenutzt zu werden, lehnt er besser ab: „Sorry, aber so kann ich mir nicht leisten, Sie zu betreuen.“ Team und Work-Life- Balance werden sich für diese klare Ansage bedanken. „Handwerk von Corona-Krise stark betroffen“, schreibt das Handwerksblatt. „Handwerk fürch- tet verzögerte Corona-Krise“ (n- tv.de ), „Das Handwerk ächzt unter den Folgen der Corona-Krise“, deklarierte Tagesschau.de schon vor Monaten. Das Virus hinterlässt seine Spuren. Doch dass Handwerksbetriebe oft mit ihren Finanzen kämpfen, hat Covid-19 nicht alleine erfunden. Trotz hoher Nachfrage haben viele große Mühe, Aufwand und Umsatz in ein wirtschaftliches Verhältnis zu bringen. Die Arbeit wird mehr, doch die Gewinne steigen nicht mit. Unternehmer schreiben zig Angebo- te, ertrinken in Extrawünschen und investieren ihre Wochenenden, um Dinge zu tun, die kei- ner bezahlt. Um Betriebe nicht nur durch die Krise zu ret- ten, sondern dauerhaft in Top-Performer zu verwandeln, müssen sie ihr Geschäft völlig neu aufziehen – und Understatement-Business in ein durch und durch vertriebsorientiertes Unternehmen transformieren. Vom Einzel- kämpfer zum Kleinbetrieb bis zum großen Mit- telständler gilt: Wer Spitzenreiter sein will, muss alle Power in den Vertrieb stecken – das gelingt mit einer effektiven Systematik und klaren Spielregeln. Der Autor Philip Semmelroth hilft Mitarbeitern, Selbst- ständigen und Unternehmern, ihre Verkaufs- erfolge zu maximieren und sich als Experte zu inszenieren. Der Inhaber und Geschäftsführer eines IT-Dienstleistungsunternehmens hat in über 22-jähriger Tätigkeit eine erfolgreiche Systematik entwickelt, um Firmen zu vertriebsfokussierten Unternehmen zu entwickeln. Zu seinen Kunden gehören internationale Konzerne ebenso wie mittelständische Unter- nehmen verschiedenster Branchen. Als Keynote- Speaker inspiriert er weltweit Menschen und zeigt, wie Erfolg planbar wird. www.philip-sem- melroth.com 5 2. 3. 4. sondern sieht sich als Lösungsanbieter. Ein gutes Gefühl entsteht, wenn der ganze Kon- takt einfach ist. Folgende Art von Auftritt könnte dafür sorgen: Installateur Meier fährt mit seinem gebrande- ten Dienstwagen zum Kunden. Er trägt seiner Zunft entsprechende Kleidung und ein Namensschild – als Maler einen Blaumann, als Ingenieur einen Anzug, als Wachdienst eine Uniform. Zur Begrüßung gibt er dem Kunden die Hand, stellt sich vor und erklärt, warum er da ist. Vielleicht zieht er sich noch Überzieher über die Schuhe oder legt eine Plane aus – ob nötig oder nicht, es macht einen guten Eindruck und bleibt positiv im Gedächtnis. Wenn Herr Meier einen Kaffee bekommt, bringt er später das leere Geschirr selbst in die Küche und beseitigt Draht- oder Klebereste. Sprich: Er verlässt seinenArbeits- platz sauber und verabschiedet sich freund- lich. Der Kunde hat keinen Mehraufwand und genießt seine neu installierte Lösung. Einfaches, preisstabiles Angebot Wer aus einer umfangreichen Speise- karte wählen soll, den packt oft die Überforderung – zu viele Möglichkei- ten. Das Gleiche gilt für Handwerksthemen. Kluge Betriebe machen nur ein Angebot: für die vorher mit dem Kunden definierte ideale Lösung. Wer drei Varianten mitbringt, gibt dem Kunden eine Aufgabe, die er gar nicht erfüllen kann. Wenn der Betrieb selbst nicht weiß, was das Beste ist, wie soll es der Unge- lernte entscheiden? Wer die Anzahl der Ange- bote reduziert, verdient mehr Geld. Und kommt schneller zumAbschluss. Je einfacher das Angebot, desto leichter schlägt der Kunde ein. Er braucht keine Stadtführung durch alle Arbeitsschritte. Er will am Ende nur ein dich- tes Dach und eine warmes Wohnung. Wie das funktioniert, ist ihm egal. 5. Fünf Tipps: Erfolg im Vertrieb 1. 3/20 N EWS D ACH

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